Bürger befragen Bürgermeisterkandidaten

 Von Hannelore Johannesdotter Berne.

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 Berne. 130 Bernerinnen und Berner strömten am Donnerstagabend in die Kulturmühle. Sie alle trieb die eine Frage um: Wem soll ich bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 27. September, meine Stimme geben? Das vom Verein Kulturmühle angebotene Bürgermeisterforum unter der Überschrift „Quo vadis, Berne? (Wohin gehst du, Berne?) diente der besseren Einschätzung Kandidaten.

 

 

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Bürgermeister-Kandidaten standen Moderator Karl-Heinz Pauli-Erythropel (2. von links) Rede und Antwort: Jörg Thielen, Franz Bittner, Gerd Coldewey (von links). Der Platz von Ralf Schulze blieb leer. Er fehlte entschuldigt.

Moderiert von Karl-Heinz Pauli-Erytrhopel, Rektor des Berner Schulzentrums, stellten sich mit Franz Bittner (parteiloser Gemeinschaftskandidat von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen), Gerd Coldewey (Die Linke) und Jörg Thielen (parteilos) drei der vier Kandidaten den Fragen. Ralf Schulze, Kandidat des neuen Berner Bürgerforums, hatte seine Teilnahme wegen eines dringenden, nicht verschiebbaren beruflichen Termins abgesagt. Seiner Bitte um Verschiebung des Forums konnte hingegen die Kulturmühle nicht nachkommen.

Berne mag ich gerne – nur warum?

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Kandidaten eröffnete Pauli-Erythropel das Forum mit dem Slogan der gemeindlichen Homepage: Berne mag ich gerne. Was könnte dem – derzeit belächelten – Motto Zustimmung bringen? Für Jörg Thielen bedeutete es Zukunft. „Mein Herz hängt an der Gemeinde.“ Das sei ein guter Slogan, fand auch Franz Bittner. „Ich will daran arbeiten, dass nicht mehr darüber gelacht wird.“ Berne habe mehr Stärken als Schwächen, besonders im Naturbereich, so Gerd Coldewey. Doch auch, wenn er Berne gerne möge, erklärte der Seefelder verbindlich, im Falle seiner Wahl nicht nach Berne umsiedeln zu wollen. Sein Heimatgefühl zu Seefeld sei stärker.

Zum künftigen Verhältnis von Rat und Bürgermeister befragt, mit dem es in der Vergangenheit nicht immer zum Besten stand, antwortete Thielen: „Ich kann und werde mit Rat und Verwaltung zusammenarbeiten.“ „Der Bürgermeister muss informieren. Ich stehe für diese Zusammenarbeit“, erklärte Bittner. Auch Coldewey hob die Wichtigkeit einer starken Verwaltung mit Transparenz für die Öffentlichkeit hervor.

In der Vergangenheit habe die sachgerechte Information des Gemeinderates erheblich gelitten, erklärte Diether Liedtke, Vorsitzender des SPD-Fraktion im Berner Rat, und von Pauli-Erythropel konkret nach den Wünschen der Ratsvertreter gefragt. „Ich erwarte, dass der neue Bürgermeister nicht nach dem Prinzip ,Wissen ist Macht, nichts wissen, macht nichts’ handeln wird.“

Fragen des Publikums

Dann war das Publikum an der Reihe. „Was passiert eigentlich, wenn der Kandidat der drei Parteien, Franz Bittner, am 27. September nicht 50 plus X Prozent erreicht?“, wollte ein Zuhörer wissen. „Dann sucht sich der Rat eine neue Gemeinde“, witzelte Bittner. Die Niedersächsische Gemeindeordnung sehe derzeit keine Selbstauflösung eines Gemeinderates vor. Coldewey fand, dass der Rat zum Wohl der Gemeinde aber auch mit einem anderen Verwaltungschef zusammen arbeiten müsse. „Nach zwei Jahren ist ohnehin Kommunalwahl. Dann brauchen Sie ja nicht mehr kandidieren.“

Weiter trieb die Berner um, wie die finanzielle Situation Bernes in den Griff zu bekommen sei. „Wo immer das Geld herkommt, es geht erstmal in die Miese“, war Thielen überzeugt. Coldewey wollte Land und Bund in die Pflicht nehmen, da diese immer mehr Aufgaben auf die Kommunen übertrügen. „Der nächste Haushalt wird eine Weichenstellung geben. Vieles ist nicht sachgerecht beordnet“, informierte Bittner. Da gebe es Einiges klarzustellen. „Nutzen Sie die Möglichkeit zur Einsichtnahme“, forderte er die Bürger auf.

Bittners Glaubwürdigkeit in Frage gestellt

Ein Zuhörer stellte die Glaubwürdigkeit Bittners in Frage, der nach 38-jähriger Mitgliedschaft in der SPD für seine Bewerbung aus der Partei ausgetreten sei. Die drei Berner Parteien hatten bei ihrer Kandidatensuche im Mai eine „unabhängige Persönlichkeit“ gesucht. Bittner erläuterte, als junger Mensch zwar politisch interessiert gewesen und der SPD beigetreten zu sein. Er betonte aber: „Ich habe nie ein politisches Mandat wahrgenommen und meine Arbeit in der Verwaltung immer neutral erledigt.“ Trotz des Parteibuchs. Da er sowieso stets politisch neutral gehandelt habe, habe er sein Parteibuch auch bedenkenlos wieder abgeben können. Gerd Coldewey pflichtete seinem Kontrahenten bei, dass man trotz einer Parteizugehörigkeit eine eigenständige Meinung vertreten könne.

Des Weiteren interessierte die Zuhörer in der Kulturmühle wie die Kandidaten zum geplanten Putenmaststall am Berner Ortseingang und zur Bundesstraße 212 neu stehen. Franz Bittner erklärte, der Putenstall sei in der beantragten Form nicht im Sinne der Gemeinde. Als derzeitiger Interimsbürgermeister setze er sich in Gesprächen dafür ein, dass der Antragsteller sein Vorhaben gemeindeverträglich ändert. Gerd Coldewey hielt Putenmast für eine Sackgasse. Und Jörg Thielen „weiß nur, wo die Ställe stehen und dass es dort manchmal stinkt.“

Stellungnahmen zur Ortsumgehung

Im Hinblick auf den Tag X nach Fertigstellung der Berner Ortsumgehung, wollte Thielen jetzt schon mal Farbe an die Wände bringen und später eine Anliegerzone einrichten. Gerd Coldewey warnte vor zu großen Erwartungen. Aus seiner Ratsarbeit in Rodenkirchen wusste er von Nachteilen für die Geschäftswelt durch eine Ortsumgehung. Franz Bittner erwartete durch die veränderten Verkehrsströme Auswirkungen bis hin zur Weserstraße und ins übrige Gemeindegebiet. Eine Zuhörerin wandte ein, dass die B 212 neu als Schnellstraße mit einer Richtgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde geplant sei. Langsamere Verkehrsteilnehmer wie Trecker und Bagger würden neben dem Nahverkehr weiter durch den Ort fahren. Bittner räumte ein: „Diese Kröte werden wir schlucken müssen, weil die Straße so planfestgestellt ist.“